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Wie wir das Gute im Leben wiederentdecken können

Wie wir das Gute im Leben wiederentdecken können

Wir leben in einer Zeit, die von zahlreichen Krisen geprägt ist. Neben den alltäglichen Sorgen wie Stress im Job, zwischenmenschlichen Konflikten oder gesundheitlichen Beschwerden werden wir unaufhörlich mit negativen Nachrichten aus unserer Umgebung und der Welt überflutet. Unsere Ängste nehmen stetig zu. Wir sorgen uns um die Zukunft und fragen uns, wie wir all das bewältigen sollen, was noch auf uns zukommen kann. Die rasante technologische Entwicklung – insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz – verstärkt bei vielen zusätzlich die Unsicherheit. Es gibt also zahlreiche Gründe, weshalb der Fokus auf das Negative dominiert.

Wir fühlen uns von den täglichen Anforderungen überwältigt und in solchen Momenten verlieren wir leicht den Blick für das Gute und Hoffnungsvolle. Doch es gibt eine einfache Wahrheit, die wir uns bewusst machen sollten: Selbst in den schwierigsten Zeiten gibt es immer etwas, das uns optimistisch stimmen kann – wenn wir es denn zulassen und gezielt darauf achten.

 

Der Kreislauf der Angst 

 

Indem wir uns permanent mit unseren Ängsten beschäftigen, verstärken wir unbewusst unsere Wahrnehmung für bedrohliche Dinge. Diese Ängste können sowohl rational als auch irrational sein: Der Gedanke, dass eine Krankheit sich verschlechtern könnte, ist beispielsweise rational, wohingegen eine grundsätzliche Angst vor anderen Menschen, irrational sein kann.

Unabhängig davon, ob die empfundenen Ängste begründet sind oder nicht, liegt das Problem darin, dass man sich andauernd damit beschäftigt. Dadurch entsteht der Eindruck, dass es kaum noch etwas Schönes gibt. Solch eine negative Perspektive aktiviert die Angst in uns noch stärker. Je mehr wir uns auf Bedrohliches konzentrieren, desto stärker fühlen wir uns ausgeliefert, hilflos und hoffnungslos. Es entsteht ein Kreislauf, aus dem wir nur schwerlich entkommen können.

Unser Gehirn verhält sich wie ein Alarmsystem: Sobald ein sogenannter „Trigger“ irgendwo auftaucht – das ist etwas, was uns an unsere Ängste erinnert, z.B. ein bestimmter Begriff oder ein Bild, wird das Alarmsystem reaktiviert. Dies versetzt unseren Körper in Stress und erhöht nicht selten auch die entstehenden Aggressionen – gegen uns selbst und andere. Ein Blick hin auf die sozialen Medien genügt, um zu erkennen, wie stark Aggressionen unsere Gesellschaft derzeit prägen. Meinungen werden nicht mehr akzeptiert, sondern herablassend und entwertend kommentiert - was dann wiederum Gegenreaktionen hervorruft.

 

 

Die evolutionäre Basis der Angst

 

Die generelle Tendenz, uns stärker auf das Negative zu konzentrieren, hat evolutionäre Gründe. In der Frühgeschichte des Menschen war es essenziell Gefahren zu erkennen, um das eigene Überleben zu sichern. Angst war ein überlebenswichtiges Warnsystem. Und dieses Überbleibsel aus der Vergangenheit hat bis heute seine Berechtigung: Angst hilft uns Gefahren zu vermeiden. Probleme entstehen jedoch dann, wenn wir ihr zu viel Raum geben und negative Ereignisse überinterpretieren. Sobald uns die Angst fest im Griff hat, ist es schwer, sich davon zu lösen.

 

 

Die Kraft von Wahrnehmung und Interpretation

 

Wie wir die Welt wahrnehmen und interpretieren, beeinflusst maßgeblich unser emotionales Wohlbefinden. Oft gilt es unterschiedliche Perspektiven einer Situation in Augenschein zu nehmen und tatsächlich besitzen wir mehr Möglichkeiten zur Kontrolle, als wir zuerst denken. Natürlich gibt es auch Ereignisse, die klar und eindeutig auftreten und keinerlei Interpretation bedürfen. Doch meist haben wir selbst die Wahl, worauf wir unseren Fokus legen.

Je mehr Aufmerksamkeit wir einem bestimmten Thema schenken, desto wichtiger und größer wird es in unserem Leben. Beschäftigen wir uns intensiv mit einem angstbesetzten Thema, signalisieren wir unserem Gehirn, dass dies Priorität hat. Dadurch wird die Angst verstärkt und es setzt sich der oben beschriebene Kreislauf in Gang.

Der amerikanische Psychologe Martin Seligman, einer der Vordenker der positiven Psychologie, konnte in seinen Studien zeigen, dass unser emotionaler Zustand und unser Wohlbefinden maßgeblich davon beeinflusst wird, wie wir Dinge wahrnehmen und  wie wir die Welt interpretieren. Während wir oft von einer Flut negativer Ereignisse überwältigt werden, liegt der Schlüssel zu einem erfüllteren Leben darin, bewusst den Blick auf das Gute zu richten. Dies ist keine naive Weltanschauung, sondern eine bewusste Entscheidung, den Fokus vorrangig auf bestimmte Dinge zu richten und andere dadurch auszublenden. Es geht also nicht darum negative Dinge auszublenden oder sie einfach nur schön zu reden, sondern um eine gesunde positive Sichtweise der Welt, die uns umgibt. Negative und belastende Situationen dürfen da sein, aber wir sollen danach trachten, dass wir uns nicht davon überwältigen lassen, sodass sie nicht überhand nehmen können. 

 

Die Vögel im Käfig - eine Metapher

 

Stellen wir uns vor, da sitzen zwei Vögel in einem Käfig. Der eine Vogel heißt Freude, der andere Kummer. Beide sind gleich groß und schwer und benötigen gleich viel Platz. Doch irgendwann - wir wissen gar nicht mehr, wann das genau passiert ist - fangen wir an, den Vogel „Kummer“ mehr zu füttern. Je mehr wir ihn füttern, desto mehr Hunger bekommt er und desto mehr Platz benötigt er. Das führt dazu, dass der Vogel „Freude“ immer weniger gefüttert wird und immer schwächer wird. Er wird mehr und mehr von „Kummer“ verdrängt, bis er schließlich nur noch ganz klein in der Ecke sitzt.

Ganz ähnlich verhält es sich auch in unserem Gehirn. Dinge, denen wir keinen Platz einräumen oder mit denen wir uns kaum bis gar nicht beschäftigen, verlieren an Priorität. Die Neuronen und neuronalen Netzwerke, die diese Dinge festigen, werden geschwächt und somit nehmen auch unsere damit einhergehenden positiven Emotionen ab. Was wir also unserem Gehirn „füttern, ist essentiell. Unser Gehirn folgt dem, was wir ihm „sagen, auch wenn sich dies vielleicht nicht immer so anfühlen mag.

 Was können wir also tun, um zu mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden zu erreichen? Wie können wir unser Vogerl „Freude“ füttern? Dafür gibt es viele Möglichkeiten.

 

 

Dankbarkeit – ein wichtiger Schritt zu mehr Optimismus

 

Wenn wir längere Zeit mit negativen Dingen konfrontiert waren und vergessen haben, unser Vogerl „Freude“ zu füttern, dann gerät unsere Wahrnehmung – oft aus Gewohnheit – auf die Suche nach negativen und angstbesetzten Inhalten. Das kann fast zur Sucht werden. Deshalb ist es in solchen Momenten wichtig, sich dessen bewusst zu werden und aktiv nach dem „Guten“ zu suchen.

So können wir unseren Fokus zum Beispiel auf das richten, was gerade gut in unserem Leben läuft. Dankbarkeit für diese kleinen oder auch großen Dinge ist entscheidend. Hierbei geht es aber nicht darum, zu denken: „Nun sei doch dankbar, du hast ja eh alles und keinen Grund zu jammern!“ Dies wäre nicht der richtige Ansatz, denn dadurch nähmen wir uns gleichzeitig das Recht, schon auch die vorhandenen unangenehmen Gefühle zuzulassen - was uns letztlich krank machen könnte.

Dankbar sein bedeutet vielmehr, das anzuerkennen, was gut läuft. All die guten Dinge wahrzunehmen, die uns das Leben schenkt. Zum Beispiel Dankbarkeit empfinden für die eigene Familie, für ein warmes Zuhause oder das wertzuschätzen, was wir imstande sind zu tun. Auch wenn es uns als selbstverständlich erscheinen mag, dass wir jetzt gerade dazu fähig sind, ebendiesen Artikel zu lesen oder irgendeiner Unterhaltung folgen zu können - es ist absolut nicht jeder dazu in der Lage.

Dankbarkeit ist eine der einfachsten und zugleich wirkungsvollsten Methoden, das Positive in unserem Leben zu fördern. Zahlreiche Studien belegen, dass Menschen, die regelmäßig Dankbarkeit praktizieren, auch ein höheres Maß an Zufriedenheit und Lebensfreude erleben. Wenn es uns gelingt jeden Tag – vielleicht vor dem Einschlafen – fünf bis zehn Dinge aufzuzählen, für die wir dankbar sind, füttern wir damit sozusagen unser „Freude-Vogerl.

Es reicht aus sich auf die kleinen Momente des Glücks zu konzentrieren: der Anruf eines Freundes, ein gutes Gespräch oder einfach der Genuss eines guten Abendessens. Diese Momente bewusster wahrzunehmen hilft uns das Gute in unserem Leben zu sehen – und unser „Freude-Vogerl“ weiterhin zu füttern, damit es wächst und „Kummer“ nicht zu viel Raum einnimmt.

 

 

Achtsamkeit – den Augenblick genießen

 

Oft gehen wir unachtsam durch die Welt, konzentrieren uns zu sehr auf negative Ereignisse und vergessen dabei, was das Leben noch alles bereithält. Trotz aller Widrigkeiten gibt es immer noch so viel Schönes – von der atemberaubenden Natur, die wir jeden Tag betrachten und genießen dürfen, bis hin zu den vielen kleinen Augenblicken, die uns erfreuen.

Achtsamkeit kann uns dabei helfen, den Blick für diese schönen Momente wiederzuerlangen. Es geht darum im Hier und Jetzt zu leben und unsere Gedanken nicht an die Vergangenheit oder Zukunft zu verlieren. Achtsamkeit bedeutet einfach den Moment bewusst zu erleben, ohne uns von negativen Gedanken oder Sorgen ablenken zu lassen.

Wir können uns unmittelbar auf das konzentrieren, was wir gerade tun – wie zum Beispiel: „Jetzt schreibe ich einen Brief oder eine Nachricht oder „Jetzt sitze ich am Tisch und trinke eine Tasse Kaffee.“ Indem wir uns derlei immer wieder bewusst machen, erleben wir das Leben intensiver und lernen den Moment mehr zu genießen.

Dadurch gewinnen wir Abstand von belastenden negativen Gefühlen und Gedanken. Achtsamkeit hilft uns das Gute in unserem Alltag zu erkennen und den Fokus auf das zu richten, was wirklich zählt.

 

Pausen von sozialen Medien & Co einlegen

 

Es ist wichtig Computer- bzw. Handypausen einzulegen und sich dann anderen Dingen zuzuwenden. Beispielsweise die Nähe von positiven, optimistischen Menschen oder das Hören von guten Nachrichten, kann dazu anregen, die eigene Perspektive zu verändern und das Leben mit anderen Augen zu sehen. Es lohnt sich Beziehungen zu pflegen, die sich auf uns unterstützend und ermutigend auswirken, unsere Stärken zu erkennen und das Gute zu schätzen. Innerhalb einer positiven Gemeinschaft fühlen wir uns sicherer, können uns entwickeln und die Herausforderungen, die das Leben mit sich bringt, besser meistern. Auch im Umgang mit den sozialen Medien gilt: Wir können uns bewusst dazu entscheiden Beiträge zu lesen, die uns guttun und Glück vermitteln oder uns zum Lachen bringen … das ist das beste Futter für unser Freude-Vogerl. 

Wie bereits erwähnt, führen schlechte Nachrichten oft zu schlechter Stimmung, Sorgen und Ängsten – und das ist vollkommen verständlich. Schließlich sind wir alle mit Emotionen ausgestattet, die sich dementsprechend auswirken. Jede Art von sozialem Umfeld, in dem wir uns bewegen, hat einen enormen Einfluss darauf, wie wir die Welt wahrnehmen. Wenn wir uns mit Menschen umgeben, in Medien surfen und Nachrichten hören, wo ständig das Negative betont wird, fällt es uns zunehmend schwerer, auch das Gute zu sehen. Es ist wie im Vogelkäfigbeispiel: Wenn wir uns ständig nur um den Kummer-Vogel kümmern und ihm immer mehr Futter geben, wird das Freude-Vogerl immer kleiner und verliert an Bedeutung. Wenn wir uns jedoch bewusst dafür entscheiden das Freude-Vogerl zu füttern, stärken wir das Positive in unserem Leben.

Deshalb ist es wichtig, regelmäßig Pausen einzulegen und sich mit solchen Dingen zu beschäftigen, die unser Freude-Vogerl nähren. 

 

 

 

Fazit

 

Das Leben besteht bei keinem von uns ausschließlich aus schönen Momenten - Herausforderungen und Schwierigkeiten gehören genauso dazu. Dennoch, auch in schwierigen Zeiten können wir  Positives um uns herum finden, wenn wir uns bewusst dafür entscheiden. Dabei geht es nicht darum, die Probleme zu ignorieren oder zu verdrängen, sondern vielmehr sie als Teil des eigenen Lebens zu akzeptieren und eine Möglichkeit zu finden, darüber hinauszuwachsen. Genauso wie das Vogerl „Freude“ in schwierigen Zeiten immer wieder gefüttert werden muss, um nicht zu verkümmern, müssen wir uns immer wieder darauf fokussieren, das Gute zu sehen – auch inmitten von Schwierigkeiten. Wenn wir die täglichen Herausforderungen nicht nur als Belastungen wahrnehmen, sondern auch als Chance für eine Weiterentwicklung, hilft uns das, mit mehr Resilienz und Optimismus durchs Leben zu gehen. Letztlich ist es an uns, wie wir die Dinge akzeptieren und worauf wir unseren Fokus richten. Das Umlenken aufs Positive erfordert allerdings Übung und Achtsamkeit - d.h. genauso wie wir das Vogerl „Freude“ regelmäßig füttern müssen, um es stark und kräftig zu erhalten, müssen wir auch stets aktiv das Gute in unserem Leben aufsuchen und wertschätzen lernen. Dies ist ein bewusster Prozess, der sich mit der Zeit vertieft.

Wenn wir uns regelmäßig auf das Gute in unserem Leben besinnen – durch Dankbarkeit, Achtsamkeit, die Pflege positiver Beziehungen und das Akzeptieren von Herausforderungen, können wir ein erfüllteres, zufriedeneres Leben führen. Es liegt an uns selber, den Blick auf das Positive zu richten und uns immer wieder daran zu erinnern, dass das Leben mehr zu bieten hat, als wir es oft für möglich halten.

 

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Loge Mag. Gehard

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Mag. Sonja Gehard, MA 

Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin

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